Mit dem Starthaus-Coachingprogramm in die Selbstständigkeit
Starthaus Coachingprogramm
Was macht eine erfolgreiche Gründung aus? Welche Hürden gilt es zu nehmen? Im Interview mit Andreas Mündl und Daniela Kirchhoff über den möglichst idealen Start ins eigene Unternehmen und wie das Starthaus-Coachingprogramm inmitten der Corona-Pandemie gelingt.
Mit dem Coachingprogramm wurde 1998 eine Bremer Erfolgsstory geboren. 22 Jahre nach dem Start kann das Programm auf 210 erfolgreiche Unternehmensgründungen zurückblicken. Und nicht nur das: 70 Prozent der aus dem Coachingprogramm gegründeten Unternehmen bleiben am Markt bestehen.
Ziel des Coachingprogramms ist es, Gründungswillige mit Seminaren, Trainings, Feedback- und Einzelgesprächen, Strukturierungshilfen und einer einjährigen persönlichen Begleitung auf ihre Selbstständigkeit vorzubereiten. „Bausteine, die eine persönliche Note haben und bisher immer in Präsenzterminen stattfanden“, erzählt Andreas Mündl, Starthelfer in der Programmleitung des Starthaus-Coachingprogramms.
Doch seit 2020 ist vieles anders. Bereits das Anfang März begonnene Bewerbungsverfahren – üblicherweise im Präsenzmodus – musste coronabedingt abgebrochen werden und der für Mai 2020 geplante Start der Frühjahrs-Coachinggruppe wurde verschoben. Im Herbst hingegen kam schon etwas Normalität auf - wenn auch die Workshops nun online stattgefunden haben.
Wie ist eine Durchführung des Bewerbungsverfahrens und des Coachingprogramms unter Corona-Bedingungen denkbar? Wir haben beim Leitungsteam Andreas Mündl und Daniela Kirchhoff nachgefragt.
Corona hat in diesem Jahr einiges verändert. Was genau bedeutet dies für das Coachingprogramm?
Daniela Kirchhoff: Der Start im Mai 2020 konnte nicht stattfinden. Wir haben schnell erkannt, dass es anders gehen muss und uns den Gegebenheiten angepasst. Die Bewerberinnen und Bewerber aus dem Frühjahr haben wir alle kontaktiert und diejenigen in das Herbstverfahren reingenommen, die noch an einer Gründungsunterstützung interessiert waren. Einige haben ihre Gründungsvorhaben wegen Corona auf Eis gelegt oder fallengelassen. Das Bewerbungsverfahren für den November-Start haben wir dann komplett digital umgesetzt: Im September fanden alle Gespräche und Pitches online statt und es hat sich schnell gezeigt, dass dies gut funktioniert.
Andreas Mündl: Und so wurde auch schnell klar: Wir wollen auf eine hybride Umsetzung des Coachingprogramms setzen. Das heißt: Es finden sowohl kleine Veranstaltungen statt – alle im Rahmen der Corona-Maßnahmen und unter Einhaltung des Hygienekonzepts. Auch werden wir einige unserer Bausteine online im sogenannten Blended Learning anbieten.
Blended Learning? Was genau bedeutet das und was erwartet die Teilnehmenden?
Andreas Mündl: Unter Blended Learning versteht man eine Lernform, bei der die Vorteile von Präsenzveranstaltungen und E-Learning kombiniert werden. Das Konzept verbindet die Effektivität und Flexibilität von Online-Workshops mit den sozialen und kommunikativen Aspekten der Präsenzveranstaltungen. Für unsere Teilnehmenden bedeutet dies, dass ein Teil der Veranstaltung online stattfindet. Sie sind damit zeitlich und auch örtlich deutlich flexibler. Dennoch wissen wir, dass gerade das Netzwerk und der persönliche Austausch untereinander sehr wichtig sind, damit die Teilnehmenden die Vorteile ihrer Peergroup auch voll nutzen können.
Aus diesem Grund war – bis Ende Oktober – geplant, einzelne Veranstaltungen auch als Präsenztermin mit Hygienekonzept hier in den Starthaus-Räumlichkeiten anzubieten. Aufgrund des zweiten teilweisen Lockdowns ab November sieht es aktuell leider so aus, dass wir bis auf Weiteres alle Veranstaltungen als Videokonferenz durchführen und die persönliche Begleitung übers Telefon oder auch als Videositzung erfolgt. Die Herausforderung besteht in der aktuellen Situation darin, das Gruppen- und Gemeinschaftsgefühl, das normalerweise in den Präsenztreffen entsteht, über das Videoformat anzutriggern. So kann aus einer Peergroup auch wirklich die Unterstützungsgruppe für jeden einzelnen unserer Programmteilnehmenden werden. Nach dem Programmstart und den ersten drei Seminaren mit der neuen Gruppe scheint uns dies aber gut gelungen zu sein.
Wie liefen denn die Auswahlgespräche im September und wie viele Teilnehmende sind in der im November gestarteten Gruppe dabei?
Daniela Kirchhoff: Wir haben aus 21 Pitchgesprächen elf Einzelgründerinnen und Gründer für das Coachingprogramm gewonnen. Alle Pitches haben ihr Für und Wider gehabt. Die Bewerberinnen und Bewerber mussten eine Kurzbewerbung einreichen und ein Pitchgespräch vorbereiten. In diesem Gespräch konnten sie ihre Idee vorstellen. Nach einer abschließenden Fragerunde wurde dann entschieden, ob das Konzept und der Gründungsinteressierte am Markt Potential haben.
Andreas Mündl: Wir haben in den abgeschlossenen Pitchgesprächen noch stärker und intensiver als bisher die Geschäftsmodelle bzw. die Ideen für Geschäftsmodelle der Bewerberinnen und Bewerber unter die Lupe genommen. Corona führt uns ja vor Augen, wie wichtig zumindest ein digitales Standbein im Business ist. GründerInnen mit Konzepten, die auf persönlichen Kontakt, persönliche Betreuung, stationären Einzelhandel oder Dienstleistungserbringung vor Ort beim Kunden setzen, stehen derzeit vor größeren Herausforderungen.
Wie sieht ein typischer Coachingprogramm-Durchlauf aus?
Andreas Mündl: Das einjährige Ausbildungsprogramm (ca. 25 Einzelveranstaltungen) startet halbjährlich (Mai und November) und baut auf mehreren Kompetenzentwicklungssäulen auf: Geschäfts- und Businessplanung, Kommunikationstraining, betriebswirtschaftliche Grundlagen, Marketing-, Akquise- und Vertriebsmethodik und Präsentationstraining. Der größere Teil der Ausbildungsveranstaltungen findet in den ersten sechs Programm-Monaten statt, damit die Teilnehmenden zu Beginn viel Input erhalten über den sie schnell persönliche, kaufmännische und unternehmerische Kompetenzen erwerben.
Daniela Kirchhoff: Hinzu kommt die Bearbeitung von vier Meilensteinaufgaben, über die die Teilnehmenden ihr Geschäftskonzept und den Businessplan selbst entwickeln und ausarbeiten. Im ersten Meilenstein geht es zum Beispiel darum, Zielgruppe, Wettbewerber, Markt und das Geschäftsmodell tiefergehend zu betrachten und eine Befragung potentieller Kunden durchzuführen. Im zweiten Meilenstein um die Kalkulation. Am Ende eines Meilensteins steht ein Feedbackgespräch mit uns an, da schauen wir, was gut läuft und geben Tipps, was man nachbessern könnte. Da jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eine feste Betreuungsperson in Andreas oder mir hat, können wir die Entwicklungsprozesse über das Jahr gut mitverfolgen und unterstützen. Wir sind sozusagen Kümmerer, auch zwischen den Gesprächs- und Seminarterminen ansprechbar und helfen während der ganzen Projektphase weiter.
Andreas Mündl, nachdem Du mehr als 400 Teilnehmende begleitet hast: Was würdest Du sagen ist das wichtigste Persönlichkeitsmerkmal eines erfolgreichen Gründers oder einer Gründerin?
Andreas Mündl: Das Allerwichtigste ist zunächst die Begeisterung, Leidenschaft und Überzeugung für das eigene Angebot beziehungsweise die Problemlösung. Dass jemand bereit ist, eine Durststrecke durchzuhalten, auf Einkommen zu verzichten, durch Schwierigkeiten durchzugehen. Das Tal der Tränen kommt mindestens einmal in einer Gründungsphase, deshalb muss er oder sie mit Feuer bei der Sache sein.
Frau Kirchhoff, aus deiner Erfahrung, was fällt jungen Gründerinnen und Gründern am Anfang besonders schwer?
Kirchhoff: Die Zielgruppe zu kennen. Wir sagen immer „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“. Nicht immer sind die eigenen Wünsche das, was der Kunde will. Und dann muss man nachjustieren und eigene Vorstellungen über Bord werfen. Leidenschaft für Kundinnen und Kunden, darum geht es. Dieser Erkenntnisprozess dauert – aber wenn er da ist, ergibt sich vieles andere daraus.

Was bereitet euch an eurer Arbeit am meisten Freude?
Daniela Kirchhoff: Der Kontakt mit den Menschen. Zweimal im Jahr neue Ideen, neue Themen, mit denen man im eigenen Alltag nicht unbedingt Berührungspunkte hat. Das erweitert den Horizont, man beschäftigt sich automatisch mit neuen Wissensgebieten. Außerdem ist es natürlich spannend die Gründer und Ihre Projekte zu begleiten und zu sehen, wie sie wachsen.
Andreas Mündl: Mich begeistert es, das schrittweise Voranschreiten, die Entwicklung der Projekte zu beobachten und zu begleiten. Und nach einem Jahr nochmal zu schauen, wo die Gründerinnen und Gründer im Vergleich zu ihrem Programmbeginn stehen. Wenn ein Geschäftsmodell eine Person finanziell trägt, die Gründerin oder der Gründer vielleicht sogar schon den ersten Arbeitsplatz geschaffen hat, dann macht mich das sehr stolz.
Was würdet ihr neuen Bewerberinnen und Bewerbern mit auf den Weg geben?
Daniela Kirchhoff: Das Programm bedeutet Arbeit, die Seminartage, die Aufgabenpakete, das ist nicht für jeden oder jede die ideale Lösung. Aber ein Gespräch mit uns hilft weiter, egal, in welcher Phase der Gründung er oder sie steht. Dieses Feedback erhalten wir immer wieder. Und wenn das Coachingprogramm nicht der richtige Weg ist, dann sagen wir das auch und zeigen Alternativen innerhalb des Bremer Gründungsnetzwerks auf.
Andreas Mündl: Ja, wir sind offen für durchdachte Ideen und laden alle zum Gespräch ein. Als GründerIn komme ich aber im Moment nicht daran vorbei, mich mit der Corona-Situation auseinanderzusetzen: kann mein Geschäftsmodell auch unter Pandemie-Bedingungen tragfähig sein? Wie gestalte ich Kundensuche, Kundenansprache und meine Leistungserbringung unter Kontaktbeschränkungen und Hygienevorschriften? Habe ich mir dazu etwas überlegt oder schwebt meine Idee im „Corona-freien“ Raum?
Wir haben keine begrenzte Zahl an Plätzen im Programm sondern verstehen uns als Chancengeber mit Begeisterung für verschiedene Gründertypen und Gründungsprojekte. Eine Kurzbewerbung oder einfach nur ein Telefongespräch reicht, um mit uns in Kontakt zu kommen.
Daniela Kirchhoff, Andreas Mündl, vielen Dank!
An einer Gründung interessiert? Schreiben Sie uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder rufen Sie uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn Sie Fragen zu Ihrer Gründung(sidee) haben. Wir haben die Antworten.
Erfolgsgeschichten
Es war eine spontane Idee. Dass Kevin Stock im Bremerhavener Fachgeschäft „Rad & Tour - Feine Räder“ im August 2022 ein neues Fahrrad kaufte, veränderte sein Leben. Wenig später fragte er den bisherigen Inhaber, ob er sich einen Verkauf des Geschäftes vorstellen könnte. Mit dem „Havenbike“ geht für den bisherigen Banker nun Anfang 2024 der Traum von der Selbstständigkeit in Erfüllung.
Zum ArtikelIn der heutigen digitalen Zeit sind Künstliche Intelligenz (KI) und innovative Technologien von entscheidender Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen, insbesondere für junge Startups und Gründer:innen. Sie hilft uns, unsere Arbeitsprozesse zu optimieren, Kapazitäten einzusparen oder mit ihrer Hilfe wettbewerbsfähig zu bleiben und das Wachstum zu beschleunigen. Wir haben uns einige KI-Tools näher angeschaut. Spoiler Alert: Lesen bis zum Ende lohnt sich…
Zu den KI-ToolsDie Raumfahrtbranche ist immer noch eine stark männlich geprägte Domäne. Trotz zahlreicher Initiativen liegt der Frauenanteil in der Branche in Europa im Schnitt bei 20%, in Führungspositionen sogar nur bei 12%. Das ist deutlich zu wenig, auch im internationalen Vergleich, da sind sich Henriette Struckmann, Dr. Katharina Ostaszewski (beide PhySens GmbH), sowie Dr. Gopika Suresh (Marble Imaging GmbH) einig und gründeten ihre eigenen Startups in Bremen.
Zum Artikel