8.9.2023 - Sarah Ruminski

Der Weg in die nebenberufliche Selbstständigkeit

Gründungswissen

Wir klären die wichtigsten Fragen!

Alle Informationen rund um den Start in die nebenberufliche Selbstständigkeit

Der Weg in die Selbstständigkeit ist für viele ein Wagnis. Ist mein Vorhaben gut genug, um mir damit ein Standbein aufzubauen und kann ich mir damit meinen Lebensunterhalt finanzieren? Wird es eine zu große Verantwortung und Herausforderung sein? Und vor allem: Was denken und sagen die anderen über mich? Wir können euch beruhigen, denn viele der Ängste und Vorurteile sind unbegründet und mit einfachen Mitteln aus dem Kopf zu räumen.

Eine Möglichkeit, um eure Idee zu testen und sie Schritt für Schritt aufzubauen, ist die nebenberufliche Selbstständigkeit. Mit ihr könnt ihr euer Vorhaben auf Herz und Nieren prüfen, es richtig angehen und alle wichtigen Erkundigungen einholen – und wenn ihr euch sicher seid, schließlich in die hauptberufliche Selbstständigkeit wechseln.

Im Jahre 2020 haben sich insgesamt 537.000 Menschen, davon 38 Prozent (205.000) Frauen, selbstständig gemacht. Von diesen Unternehmen werden 201.000 (37 Prozent) im Voll- und 336.000 (63 Prozent) im Nebenerwerb ausgeübt. Für uns ein Zeichen, die Selbstständigkeit im Nebengewerbe, ihre Bedeutung und Voraussetzungen einmal näher zu betrachten.

Was genau ist eine nebenberufliche Selbstständigkeit?

Nebenberufliche Selbstständigkeit bedeutet, dass ihr neben eurem Hauptberuf eine weitere berufliche Tätigkeit ausübt und somit die Selbstständigkeit nicht euren Arbeitsmittelpunkt bildet. Grundsätzlich gibt es zwei Kriterien, auf die ihr bei eurer Nebentätigkeit achten solltet: Zum einen solltet ihr höchstens 18 bis 20 Stunden pro Woche für euer Nebengewerbe im Einsatz sein und die Einnahmen, die ihr aus eurer selbstständigen Tätigkeit zieht, sollten das Einkommen eurer Haupttätigkeit nicht übersteigen. Zudem schließt eine nebenberufliche Selbstständigkeit die Anstellung von Beschäftigen aus.

Welche Vorteile gibt es für einen Start in die nebenberufliche Selbstständigkeit?

Ein Selbstläufer ist eine Teilzeit-Selbstständigkeit in den meisten Fällen nicht. In vielen Fällen überwiegen letzten Endes jedoch die Vorteile gegenüber den Ängsten und potenziellen Nachteilen. Sollte eure Geschäftsidee doch nicht die erwarteten Ansprüche erfüllen, fängt euch das Sicherheitsnetz des vorhandenen Einkommens aus der Haupttätigkeit auf. Ihr habt somit Zeit, euch wieder zu sammeln und das Vorhaben erneut anzugehen. Durch den gesicherten Hauptjob habt ihr zudem weniger Druck und könnt euch mehr Zeit lassen, da ihr im besten Fall durchgängig Liquiditätsreserven habt, die euren Lebensunterhalt sichern.

Ein weiteres Motiv für den Start in die nebenberufliche Selbstständigkeit könnte ebenfalls im Fehlen von genügend Ressourcen begründet sein, die eine Vollzeitgründung mit sich bringt. Die nebenberufliche Selbstständigkeit bietet euch in vielen Fällen die Möglichkeit, euer Gewerbe im Vorfeld ausgiebig zu testen und es zu optimieren, um dann mit einem ausgereiftem Geschäftsvorhaben an den Markt zu gehen. Ein idealer Raum, um die wirtschaftliche Machbarkeit auf den Prüfstand zu stellen. Schlussendlich sollte auch noch der Aspekt der Zeit genannt werden, denn eine Selbstständigkeit im Nebenerwerb bietet genug Zeit, um sich zusätzlich noch um ein Studium oder die Familie zu kümmern.

Die nebenberufliche Selbstständigkeit vereint Beruf und Hobby

Welche Voraussetzungen solltet ihr erfüllen, um euch nebenberuflich selbstständig zu machen?

Leider ist es ein Irrtum, dass für die nebenberufliche Selbstständigkeit weniger formale Regeln gelten. Egal, ob ihr euer Vorhaben als Haupt- oder Nebenerwerb ausübt, müsst ihr auf die korrekte Anmeldung, Steuern oder bestimmte Genehmigungen achten.

Zunächst einmal gilt, dass ihr euch im Grunde auch ohne Hauptberuf nebenberuflich selbstständig machen könnt. Seid ihr arbeitslos gemeldet, müsst ihr eure nebenberufliche Tätigkeit beim Arbeitsamt anmelden. Auch greifen für Arbeitssuchende und Studierende bestimmte Verdienstgrenzen.

Auf folgende Voraussetzungen müsst ihr als Selbstständige im Nebenerwerb achten:

  1. Anmeldung der nebenberuflichen Selbstständigkeit:
    Zunächst gilt es zu klären, ob eure nebenberufliche Tätigkeit als freier Beruf oder als Gewerbe einzustufen ist. Da es bei der Anmeldung einer Selbständigkeit verschiedene Regelungen für Gewerbetreibende und Freiberufler:innen gibt, muss eine Unterscheidung getroffen werden:

    • Eine freiberufliche selbstständige Tätigkeit übt aus, wer einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit selbstständig nachgeht oder einen so genannten Katalogberuf ausübt. Hierzu zählen Heilberufe, wie ärztliches Fachpersonal oder Heilpraktiker:innen, rechts-/wirtschaftsberatende Berufe, wie Anwältinnen und Anwälte oder Steuerberater:innen und naturwissenschaftliche Berufe, wie Architekturschaffende oder Ingenieurinnen und Ingenieure.

    • Eine gewerbliche Tätigkeit übt aus, wer keinen der oben genannten Katalogberufe oder einen ähnlichen Beruf ausübt. Genauer gesagt gelten als Gewerbetreibende alle, die in einem handwerklichen, produzierenden oder kaufmännischen Beruf selbstständig sind. Hierzu zählen Handwerker:innen, Einzelhändler:innen, Buchhalter:innen oder das Gastgewerbe.

    Wer eine gewerbliche Tätigkeit aufnehmen will, muss eine Gewerbeanmeldung beim zuständigen Finanzamt vornehmen. Daraufhin erhält man den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ und nach Bearbeitung eine Steuernummer. Die freiberufliche Tätigkeit wird formal „nur“ durch die Abgabe des „Fragebogens zur steuerlichen Erfassung“ beim Finanzamt gegründet.

  2. Steuern:
    Zunächst einmal ist es für das Finanzamt irrelevant, ob ihr euer Einkommen aus dem Haupt- oder Nebenerwerb bezieht. Euer Gewinn muss vom ersten Euro an in eurer Steuererklärung angegeben werden.

    Die wichtigsten Steuern, die Selbstständige zahlen müssen, sind die Einkommenssteuer und die Umsatzsteuer. Bei Gewerbetreibenden kommt noch die Gewerbesteuer hinzu.

    • Umsatzsteuer: Die Umsatzsteuer (USt.) ist eine vom Finanzamt erhobene Steuer auf den Umsatz des Unternehmens. Die Gründenden sind mehrmals im Jahr dazu verpflichtet, dem Finanzamt gegenüber eine Umsatzsteuervoranmeldung vorzulegen. Hieraus lässt sich ableiten, wie viel Umsatzsteuer ihr von euren Kundinnen und Kunden eingenommen habt und an das Finanzamt weiterleiten müsst.
    Eine wichtige Ausnahme hierbei ist die sogenannte „Kleinunternehmerregelung“. Sie besagt, dass die Umsatzsteuer bei einem Umsatz von bis zu 22.000 Euro nicht vom Finanzamt erhoben wird. Die Vorsteuer darf dann allerdings nicht geltend gemacht und die Umsatzsteuer darf nicht in Rechnungen ausgewiesen werden. Im Jahr der Existenzgründung kommt es bei der Grenze von 22.000 Euro auf den voraussichtlichen Umsatz des Gründungsjahres an. Bestimmte Umsätze sind von der Umsatzsteuer grundsätzlich befreit. Diese findet ihr im § 4 des UStG hier.

    • Einkommensteuer: Die Einkommensteuer wird auf das Einkommen einer natürlichen Person (im Gegensatz zur juristischen Person) erhoben. Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten und kann hier durchgeführt werden. Alleinstehenden steht ein Grundfreibetrag von 10.908 Euro zu (Stand 2023). Bei gemeinsam Veranlagten verdoppelt sich der Grundfreibetrag.

    • Gewerbesteuer: Gewerbetreibende müssen zusätzlich zu den bereits aufgeführten Steuern noch die Gewerbesteuer leisten. Hierbei handelt es sich um die Besteuerung des Gewerbeertrags eines Unternehmens und sie muss an die Gemeinde abgeführt werden. Die Gewerbesteuer bemisst sich grundsätzlich nach dem Gewinn beziehungsweise Ertrag des Gewerbebetriebs. Weitere Informationen zur Gewerbesteuer und der Berechnung in Bremen findet ihr hier.

  3. Die passende Rechtsform:
    Die meisten Selbstständigen beginnen ihre Nebentätigkeit mit einem Einzelunternehmen. Hierbei handelt es sich um die einfachste und unbürokratischste Möglichkeit, bei der lediglich die Anmeldung der Selbstständigkeit ausreicht. Teamgründungen hingegen bilden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sobald zwei oder mehr Personen gemeinsam ein Gründungsvorhaben umsetzen. Hierfür werden weder Stammkapital noch eine schriftliche Vereinbarung benötigt. Wir empfehlen euch dennoch die Schließung eines Gesellschaftsvertrages, um sicherzustellen, wie eure Gewinne aufgeteilt werden und wer welche Aufgaben übernimmt.

    Eine weitere Möglichkeit wäre zudem noch die Gründung einer GmbH – auch für Einzelpersonen. Da dieses Verfahren jedoch recht aufwändig ist, lasst ihr euch besser hierzu von einem Fachanwalt oder einer Fachanwältin beraten.

  4. Versicherungen:
    Sozialversicherung:
    • Seid ihr nebenberuflich selbstständig tätig, seid ihr nicht sozialversicherungspflichtig. Eure Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zahlt ihr weiterhin über eure hauptberufliche Tätigkeit.

    Krankenversicherung:
    • Angestellte plus nebenberufliche Selbstständigkeit: Selbstständige Nebeneinkünfte erhöhen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung normalerweise nicht. Wer in seinem Hauptberuf als Angestellte:r versichert ist, braucht auf seine Zusatzeinnahmen (Gewinn) aus freiberuflichen oder gewerblichen Nebentätigkeiten keine zusätzlichen Beiträge zahlen.
    • Angestellte ohne nebenberufliche Selbstständigkeit: Selbständige mit einem monatlichen Gewinn von nicht mehr als 470 Euro im Monat (kein sonstiges Einkommen) können ohne eigene Beiträge familienversichert werden. Dies setzt voraus, dass der Ehepartner beziehungsweise die Ehepartnerin gesetzlich krankenversichert ist und „normale“ Beiträge zahlt.
    • Nebenberufliche Selbständigkeit plus Arbeitslosengeldbezug: Wenn ihr während des Bezugs von Arbeitslosengeld nebenberuflich selbständig tätig seid, dann habt ihr den Status „arbeitslos“. Die Krankenversicherung übernimmt weiterhin die Agentur für Arbeit.

    Rentenversicherung:
    • Selbständige sind in der Regel nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.

Gibt es eine passende Finanzierung und Fördermittel oder Zuschüsse?

Nicht alle Gründenden kommen ohne eine Finanzierung von außen aus. Für die Gründungsfinanzierung gibt es viele gängige Instrumente, die individuell auf eure Vorhaben angepasst werden können.

Zudem besteht die Möglichkeit, Fördermittel oder Förderkredite zu beantragen, die auch für Selbstständige mit einem Hauptgewerbe verfügbar sind. Einen Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit könnt ihr jedoch nur erhalten, wenn eine bestehende Arbeitslosigkeit beendet wird.

Das Team vom Starthaus Bremen & Bremerhaven berät euch hierbei gern im Hinblick auf euren Businessplan, eine passgenaue Finanzierung und zum weiteren Verlauf eures Gründungsvorhabens.

Checkliste für eine erfolgreiche nebenberufliche Selbstständigkeit

Tipps

  • Überlegt euch im Vorfeld, ob eure Geschäftsidee für die Selbstständigkeit geeignet ist. Bestimmte Vorhaben werdet ihr aufgrund der Zeit oder des Geldes nicht nebenberuflich ausüben können.
  • Haltet zu Beginn eurer Selbstständigkeit die fixen Kosten so gering wie möglich.
  • Geht in eurer Planung lieber vorsichtig von einer niedrigeren Auslastung (zum Beispiel 25 Prozent im ersten Jahr, 30 Prozent im zweiten Jahr, 40 Prozent im dritten Jahr) aus. Eure Kundschaft muss von euch vorher akquiriert werden.
  • Wählt im besten Fall eine nebenberufliche Tätigkeit aus, die ihr nach und nach zu einer hauptberuflichen Selbstständigkeit ausbauen könnt.
  • Es bietet sich an, im Team zu gründen. Gemeinsam könnt ihr mehr bewegen, euch die Aufgaben aufteilen und euch gegenseitig vertreten.
  • Für Bremer:innen (aber auch andere Interessierte): Das Finanzamt Bremen hat spezielle Ansprechpartner:innen für Gründer:innen und hilft unter anderem beim Ausfüllen des „Fragebogens zur steuerlichen Erfassung“ und hält eine Broschüre „Steuerliche Hinweise für Existenzgründer“ zum Download bereit.

An einer Gründung interessiert? Schreib uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder rufe uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn du Fragen zu deiner Gründung(-sidee) hast oder Unterstützung beim Wachstum wünschst. Wir haben die Antworten.

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