22.6.2021 - Vanessa Roth

Verantwortliches Leadership: Nachhaltigkeit in den Gründungsprozess integrieren

Starthaus Women
Verantwortliches Leadership - Nachhaltigkeit im Gründungsprozess

Ihr fragt euch, wie man Nachhaltigkeit in den Gründungsprozess integrieren kann? Wir haben die Antworten für euch. Ein Interview mit Meret Nehe, Expertin für Prozessbegleitung, Nachhaltigkeit und systemische Innovation. 

Im Gründungsprozess gibt es eine Vielzahl von Aspekten, die angehende Unternehmer:innen berücksichtigen können oder müssen. Wir blicken heute auf das Buzzword Nachhaltigkeit und schauen, wie Gründende Nachhaltigkeit in ihren Prozess integrieren können. Dazu hat Meret Nehe, Expertin für Prozessbegleitung, Nachhaltigkeit und systemische Innovationen, im Zuge der Veranstaltungsreihe „she starts“ einen Workshop gegeben. Den habt ihr verpasst? Kein Problem, wir haben uns mit Meret über die wichtigsten Infos unterhalten. 

Starthaus: Meret, warum müssen wir über Nachhaltigkeit sprechen?

Meret Nehe: Wir sind alle Teil eines größeren Systems, welches aus Umwelt, Gesellschaft und darin agierend der Wirtschaft besteht. In diesem System können wir in Aktion treten und mit unseren Ideen und Ansätzen Probleme lösen und Bedarfe decken. Dabei sollten wir die ökologischen und sozialen Grenzen dieser uns umgebenden Systemen respektieren, damit wir als Menschheit nicht langfristig unsere Handlungsoptionen immer mehr einschränken. Es geht also im Grunde bei der Nachhaltigkeit darum, dass wir uns nicht langfristig unsere eigene Lebensgrundlage nehmen. 

Meret Nehe, Expertin für Prozessbegleitung, Nachhaltigkeit und systemische Innovation. © Meret Nehe

Derzeit ist leider zu beobachten, dass es Gründe für die Nicht-Nachhaltigkeit gibt, wie zum Beispiel die Zerstörung natürlicher Kreisläufe, Abbau großer Materialströme aus der Erde oder Ansammlungen von nicht natürlichen Substanzen. All dies führt dazu, dass unser Umfeld, unsere Systeme und unser Leben nicht nachhaltig gestaltet werden. 

Starthaus: In den letzten Jahren hat das Buzzword Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist inzwischen nicht nur Mode, sondern eine Lebenseinstellung. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit überhaupt?

Meret: Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip, bei dem das Fortbestehen der menschlichen Gesellschaft auf unbegrenzte Zeit innerhalb der natürlichen Kreisläufe gesichert ist. Dafür müssen jedoch gewisse  Nachhaltigkeitsprinzipien berücksichtigt werden und die Gründe der Nicht-Nachhaltigkeit wegfallen.

Starthaus: Und wie genau sieht das jetzt im Kontext Unternehmen und für den Gründungsprozess aus?

Meret: Die unternehmerische Herausforderung besteht darin, gesellschaftliche Systeme und soziale Strukturen neu zu denken und zu formen, um langfristig die Umweltbelastungen und strukturellen sozialen Probleme zu eliminieren und dabei die Grundbedürfnisse eines jeden zu befriedigen und die notwendigen Lebensgrundlagen zu erhalten. 

Starthaus: Was bedeutet dann unternehmerische Nachhaltigkeit?

Meret: Das bedeutet, dass Unternehmen sich immer wieder in den eigenen Handlungen und in der Reflektion der eigenen Handlung dem Gedanken der Nachhaltigkeit widmen und ihre Geschäftsmodelle entsprechend ausrichten sollten. Dabei können z.B. die acht Nachhaltigkeitsprinzipien helfen (nach Broman & Robèrt, 2015) Zu den Prinzipien zählen die sozialen Aspekte Sinnstiftung,  Gleichbehandlung, Förderung von Kompetenzen, Unvoreingenommenheit, Gesundheit und auf der ökologischen Dimension die Vermeidung von systematischer Naturzerstörung, Stofffreisetzung und Ressourcenabbau. 

Nachhaltigkeitsprinzipien nach "The Natural Step Deutschland" www.thenaturalstep.de/de/loesung/die-prinzipien-der-nachhaltigkeit/

Es gibt neben der Nachhaltigkeitsprinzipien auch einige weitere Nachhaltigkeitsansätze, die helfen, sich Nachhaltigkeit in den eigenen Prozessen zu vergegenwärtigen z.B. Doughnut Economics, Gemeinwohlökonomie, und auch die Sustainable Development Goals der UN. Es ist sinnvoll zu schauen mit welchem dieser Ansätze man selbst oder als Team am besten arbeiten kann.

Starthaus: Was würdest du Gründenden raten, die sich mit ihrer Geschäftsidee beschäftigen und diese möglichst nachhaltig umsetzen wollen?

Meret: Ich würde allen Gründenden ans Herz legen, sich neugierig und gerne mit Innovationsgeist Gedanken dazu zu machen, wie das eigene Geschäftskonzept die soziale und ökologische Nachhaltigkeit respektieren kann. Das mag erstmal heraufordernd klingen aber es gibt wie gesagt einige Ansätze, die man dafür nutzen kann. Dabei kann man sich auch an dieser Checkliste orientieren, wie man vorgehen kann:  

  1. Problem identifizieren – Welche gesellschaftlichen Probleme erkenne ich, zu deren Lösung ich etwas beitragen möchte?
  2. Problem verstehen und Fragen stellen – Warum bestehen diese gesellschaftlichen Probleme? Welche Muster fördern diese Probleme? Wer ist vielleicht heute schon darum bemüht sie zu lösen? Welche Ansätze funktionieren, welche nicht?
  3. Ideen entwickeln – Wie können wir die gesellschaftlichen Probleme lösen? Unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsprinzipien?
  4. Geschäftsmodell entwickeln und testen – Welches Geschäftsmodell ergibt sich aus diesen Ideen? Was lernen wir, wenn wir es prototypenhaft testen?
  5. Gründungsphase – Wie bauen wir eine Geschäftsstruktur, die ermöglicht, dass wir die Nachhaltigkeitsprinzipien respektieren?
  6. Stabilisierung – Wie wird Nachhaltigkeit integrativer Teil unserer Prozesse und Strukturen?
  7. Skalierung und Transfer – Wie sind wir am wirksamsten in der Welt? Welche Kooperations- und Kollaborations-Möglichkeiten ergeben sich?

In jedem Schritt sollten Gründende mit offenem Blick und Neugierde trauen sich zu fragen wie sie die  Nachhaltigkeitsprinzipien mitdenken und Entwicklungsschritte der eigenen Gründung mit diesen abgleichen können. Sich auch trauen zu fragen: Gibt es bei der Idee Hindernisse? Wie kann ich diese anders angehen und beseitigen? Entstehen z.B. direkte oder indirekte Belastungen der natürlichen Ökosysteme durch eine Geschäftsidee, sollte man sich fragen: Wie könnte ich meine Idee verändern, sodass ich diese Belastungen eliminiere? Gibt es die Möglichkeit in Kreisläufen zu denken? Gibt es andere Ressourcen, die ich nutzen könnte? 

Es ist unglaublich wichtig, dass man sich von dem Thema nicht einschüchtern lässt, sondern versteht, dass es nicht darum gehen soll, alles perfekt zu machen. Die Herausforderungen  sind vielfältig und nicht jeder muss alle Prinzipien direkt erfüllen. Sondern bei der Integration von Nachhaltigkeit geht es immer darum sich auf eine spannende Lernreise zu begeben – bei der oft neue Ideen, Innovationen und Prozesse entstehen.  

Wer dazu Fragen hat oder nach weiteren Inspirationen sucht, kann sich auch gerne an mich wenden: Zur Website von Meret.

Starthaus: Vielen Dank Meret, für den Einblick in das Thema Nachhaltigkeit im Gründungsprozess! 

Wenn auch ihr eine Gründungsidee habt, die sozial oder ökologisch nachhaltig ist, und ihr etwas bewirken wollt, dann meldet euch gleich bei uns. Wir bieten mit unserem Programm Social Entrepreneur by Starthaus genau die Bausteine an, die ihr für euren Erfolg benötigt. Alle Informationen zu Social Entrepreneur by Starthaus findet ihr hier

Mehr Infos zur Starthaus Women – she starts gibt es hier. Alle Veranstaltungen der Reihe findet ihr hier.

Erfolgsgeschichten


Erfolgsgeschichten
13.03.2024
Prävention statt Intervention in Unternehmen

Mit der „Fabrik der Gesundheit“ hat Özden Ohlsen ein großes Ziel: Sie will das betriebliche Gesundheitsmanagement transformieren. Mitarbeitende sollen leichten Zugang zu verschiedenen Ärzten, Trainer:innen und Therapeut:innen bekommen, damit Arbeitszeit zu erfüllender Lebenszeit wird. Raus aus dem Burnout – hin zur Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung der eigenen Gesundheit.

Zum Artikel
Starthaus Crowdfunding
07.03.2024
So läuft’s im Crowdfunding

Zusammen könnt ihr viel erreichen. So auch mit dem Starthaus Crowdfunding, um eurem Projekt einen finanziellen Boost zu geben. Welche Projekte zurzeit besonders gefragt sind, erfahrt ihr im Artikel.

Zum Artikel
Social Entrepreneurship
05.03.2024
„Sozialunternehmen sind die Unternehmensform der Zukunft“

Sowohl praktisch als auch theoretisch: Frederic arbeitet als Gründungsberater in einem Impact Inkubator, den er selbst aufgebaut hat, und forscht im Zuge seiner Promotion zum Thema Wirkungsskalierung im Impact Entrepreneurship. Wie er eine gute Verknüpfung schafft und wo er noch Verbesserungspotenzial in der Gründungsbegleitung für Sozialunternehmer:innen sieht, erzählt er uns im Interview.

Zum Interview