18.4.2024 - Yiming

Bremer Tech-Startups verändern die Erdbeobachtung

ESA BIC Northern Germany

Welche neuen Chancen schaffen die Startups für die nachhaltige Entwicklung der Branche?

SpaceX Satellit
© SpaceX/Pexels

Jüngste Entwicklungen in der Raumfahrttechnologie haben den Weg für hochauflösende Satellitenbilder geebnet. Diese sind für die Förderung der Nachhaltigkeit von entscheidender Bedeutung. Die neuesten Technologien werden in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel bei der Messung von Emissionen, der Land- und Wasserbewirtschaftung und dem Naturschutz auf regionaler und globaler Ebene. Darüber hinaus tragen sie zur Verbesserung des Notfallmanagements bei, unterstützen die flächendeckende Analyse für eine effiziente Energienutzung und erhöhen die Sicherheit wichtiger Infrastrukturen wie Versorgungsleitungen und Hafenanlagen, indem sie zu deren Digitalisierung und Optimierung beitragen.

Wie genau funktioniert die Erdbeobachtung und welche Daten stehen zur Verfügung? Welche Innovationen bereichern das Feld und welche Vorteile haben sie gegenüber anderen Methoden? Wo stoßen diese Technologien an ihre Grenzen und welche Anpassungen sind notwendig? Wie lässt sich die Vielfalt der Technologien effektiv kombinieren und ein nutzerfreundlicher Datendienst für spezifische Anwendungen entwickeln?

Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des Netzwerktreffens „Bremer Tech-Startups meet SME“, bei dem Expertinnen und Experten aus Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und Verbänden zusammenkamen, um innovative Lösungen für Europa zu diskutieren - insbesondere solche, die von Bremer Tech-Startups entwickelt wurden.

Was ist Erdbeobachtung?

Erde aus dem Weltall
© Pixabay

Unter Erdbeobachtung versteht man den Einsatz von Fernerkundungstechnologien zum Monitoring von Land, Wäldern, Infrastruktur und vor allem der Atmosphäre. Die satellitengestützte Erdbeobachtung basiert auf dem Einsatz von Nutzlasten auf Satelliten, um Bilddaten von Merkmalen der Erde zu erfassen. Die Bilder werden dann verarbeitet und analysiert, um verschiedene Arten von Informationen zu erhalten, die für eine Vielzahl von Anwendungen und Industrien genutzt werden können.

Die Erdbeobachtung, das heißt die systematische Sammlung von Daten aus dem Weltraum oder aus der Luft, ist in vielerlei Hinsicht nützlich:

Umweltmonitoring

Von der Luftqualität über die Gesundheit von Ökosystemen bis hin zur Beobachtung von Landnutzungsänderungen liefert die Erdbeobachtung wichtige Daten zur Beurteilung des Zustands unserer natürlichen Umwelt. Diese Daten sind unerlässlich für Umweltschutzmaßnahmen, das Management natürlicher Ressourcen und die Planung nachhaltiger Entwicklungsstrategien.

In diesem Bereich verfolgt das Startup PLENO GmbH beispielsweise das Ziel, die Erstellung von Emissionsminderungsprojekten zu beschleunigen und damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der globalen Netto-Null-Ziele zu leisten. Durch den Einsatz von maschinellem Lernen und Blockchain-Technologien digitalisiert PLENO den Emissionshandelsmarkt und verbessert den Prozess der Erstellung von Umweltzertifikaten.

Landwirtschaft

In der Landwirtschaft ermöglicht die Erdbeobachtung eine effizientere Ressourcennutzung und unterstützt nachhaltige Anbaumethoden. Die Überwachung von Bodenfeuchtigkeit, Pflanzengesundheit und Ernteerträgen aus dem Weltraum hilft Landwirten, ihre Anbaupraktiken zu optimieren. Dies führt zu einer höheren Produktivität bei gleichzeitiger Minimierung von Umweltauswirkungen wie übermäßigem Wasser- oder Düngemitteleinsatz.

Traktor erntet Feld ab
© Mark Stebnicki/Pexels

Ein Beispiel für die innovative Nutzung dieser Technologie ist das Bremer Startup Sharpsat UG. Durch die Nutzung von Satellitendaten in Kombination mit einem speziellen Algorithmus ermöglicht Sharpsat eine präzisere Bewirtschaftung von Weinbergen. Die Technologie hilft den Weinbauern, die Pflanzengesundheit besser zu überwachen und Ressourcen wie Wasser und Dünger gezielter einzusetzen. Sharpsat zeigt damit, wie die Erdbeobachtung zur Optimierung landwirtschaftlicher Praktiken beiträgt und neue Wege für eine nachhaltige Landwirtschaft eröffnet.

Grenzen und Anpassungen von Erdbeobachtungstechnologien

Erdbeobachtungstechnologien haben das Potenzial, tiefe Einblicke in viele Aspekte unseres Planeten zu liefern. Trotz ihrer fortschrittlichen Fähigkeiten stoßen diese Technologien jedoch an bestimmte Grenzen, die ihre Wirksamkeit einschränken können.

  1. Atmosphärische Störungen: Wolkenbedeckung, Staub und andere atmosphärische Faktoren können die Qualität und Klarheit von Satellitenbildern beeinträchtigen. Dies führt zu Herausforderungen bei der genauen Überwachung von Umweltveränderungen oder bei der Kartierung von Landschaften aus dem Weltraum.
  2. Große Datenmengen: Die Erfassung, Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen erfordert hohe Rechenleistungen und fortschrittliche Datenverarbeitungstechniken. Die Datenflut kann zu Engpässen bei der Speicherkapazität führen und die schnelle Auswertung der Informationen erschweren.
  3. Zeitliche Auslösung: Während einige Satelliten in der Lage sind, häufig Daten zu liefern, können andere nur in größeren Zeitabständen Informationen sammeln. Dies kann dazu führen, dass wichtige Ereignisse oder Veränderungen nicht in Echtzeit erfasst werden.
  4. Integration unterschiedlicher Datenquellen: Verschiedene Satellitensysteme und Sensoren können Daten in unterschiedlichen Formaten und Auflösungen liefern, was die Kombination und umfassende Analyse dieser Informationen erschwert.

Ein konkretes Beispiel für ein Unternehmen, das sich diesen Herausforderungen stellt, ist die Marble Imaging GmbH. Marble Imaging hat sich auf die Entwicklung einer Satellitenkonstellation spezialisiert, die hochauflösende Bilder der Erde liefert. Dabei stoßen sie auf die oben genannten Einschränkungen, insbesondere auf atmosphärische Störungen, die die Bildqualität beeinträchtigen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, investiert das Bremer Startup in fortschrittliche Bildverarbeitungstechniken und künstliche Intelligenz. Diese Technologien helfen, die Bilder zu klären und die Daten effizienter zu analysieren. Außerdem arbeiten sie daran, die zeitliche Auflösung ihrer Satellitendaten zu verbessern, um aktuellere und häufigere Informationen liefern zu können.

Ein Sprungbrett für Innovation und Nachhaltigkeit in der Bremer Startup-Szene

Sabrina Melchionna, Gründerin von melchionna remote sensing, betont die Bedeutung der Erdbeobachtung als Schlüsselbranche und ermutigt Gründerinnen und Gründer, sich aktiv in diesem Bereich zu engagieren. „Die Erdbeobachtung bietet eine Welt voller unentdeckter Möglichkeiten. Sie ist nicht nur ein Motor für technologische Innovationen, sondern auch ein Mittel, um auf drängende globale Herausforderungen wie den Klimawandel zu reagieren“, so Melchionna.

In der Erdbeobachtung liegt eine große Chance für die Gründer:innen und der Startupszene am Standort Bremen. Der Sektor bietet nicht nur die Möglichkeit für technologische Innovationen, sondern auch für eine aktive Antwort auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel. Für Gründerinnen und Gründer bietet sich die Chance Lösungen zu entwickeln, die ökonomische Relevanz mit ökologischem Bewusstsein verbinden.

Die Erdbeobachtung dient auch als Plattform für gesellschaftlich engagiertes und klimafreundliches Unternehmertum und ermutigt die Gründerszene, innovativ zu sein und einen nachhaltigen Einfluss zu hinterlassen. Durch das Starthaus Bremen und Bremerhaven und das ESA BIC Northern Germany erhalten Startups wichtige Unterstützung und Ressourcen, um eine führende Rolle in der Erdbeobachtungsbranche zu übernehmen. Die Herausforderung besteht darin, die Komplexität dieses Bereichs zu meistern und den „Erdbeobachtungsdschungel“, wie Nura Linggih (Gründer von PLENO) es ausdrückt, mit Technologien zu durchdringen, die sowohl für unsere Wirtschaft als auch für unseren Planeten von großem Wert sind.

    Am Raumfahrtinkubator ESA BIC Northern Germany oder generell an einer Gründung interessiert? Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an.

    Erfolgsgeschichten


    ESA BIC Northern Germany
    26.04.2024
    Ein orbitaler Ansatz für den Weinbau

    Inmitten von Bremen, einer Stadt, die für ihre Luft- und Raumfahrtindustrie bekannt ist, schlägt ein neues Unternehmen Wurzeln – Sharpsat, ein Startup-Unternehmen für Agrartechnik, das von Alessandro Esperti und Gustavo Quintela geleitet wird. Die beiden Ingenieure wollen die Bewirtschaftung von Weinbergen durch eine Kombination aus Erdbeobachtungstechnologie und einem speziell auf die Bedürfnisse von Winzern zugeschnittenen Algorithmus und Interface verändern. Mit Unterstützung des ESA BIC Northern Germany hat dieses innovative Konzept Sharpsat in die Umlaufbahn des europäischen Startup-Ökosystems befördert.

    Zum Artikel bei Aviaspace
    ESA BIC Northern Germany
    18.10.2023
    Wie ein Bremer Startup Raumfahrtmissionen für Unternehmen möglich macht

    Raumfahrtmissionen waren viele Jahre nur Staaten vorbehalten. Zuletzt haben Milliardäre wie Elon Musk, Richard Branson und Jeff Bezos mit ihren privaten Unternehmungen ins All für Aufsehen gesorgt. Jetzt will das Bremer Startup Astrait die Hürden für Missionen in den Weltraum so niedrig machen, dass diese sogar für mittelständische Unternehmen realisierbar werden.

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    Startups
    29.09.2023
    Für mehr Nachhaltigkeit in der Weltraumtechnik

    Die Raumfahrtbranche ist immer noch eine stark männlich geprägte Domäne. Trotz zahlreicher Initiativen liegt der Frauenanteil in der Branche in Europa im Schnitt bei 20%, in Führungspositionen sogar nur bei 12%. Das ist deutlich zu wenig, auch im internationalen Vergleich, da sind sich Henriette Struckmann, Dr. Katharina Ostaszewski (beide PhySens GmbH), sowie Dr. Gopika Suresh (Marble Imaging GmbH) einig und gründeten ihre eigenen Startups in Bremen.

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